Kreativmethoden für die Ideenfindung
Wer schon einmal in die Verlegenheit kam, Ideen produzieren zu wollen – oder zu müssen – kennt die Situation: Man sitzt vor einem weißen Blatt Papier (oder einem leeren Screen) und weiß nicht weiter. Für uns Namensentwickler:innen gehört das Ideen suchen und finden zum täglichen Geschäft und sollte uns ja leicht fallen. Dennoch haben auch wir manchmal das Gefühl: Da geht noch mehr, irgendwo lauern noch Ideen, auf die wir noch nicht gekommen sind.
Was uns dann hilft, sind Kreativtechniken. Altbewährte und solche, die wir für unsere Arbeit modifiziert und erweitert haben. Die Techniken zwingen einen dazu, gedankliche Umwege, oder ganz andere, überraschende Wege zu gehen. Das macht Spaß und nimmt den Druck, sich weiter mit dem Thema zu beschäftigen. Wir haben schon etliche unserer Namenskreationen mithilfe dieser Methoden gefunden, teils im Team, teils in Einzelarbeit.
Daher starten wir diesen Blog und teilen hier die besten Methoden aus unserem Kreativ-Schatzkiste. Den Anfang macht:
#1: Wordwriting ABC
Brainwriting ist eine Variante des Brainstormings, bei der Stichworte notiert und im Team zu jedem Stichwort Ideen aufgeschrieben statt laut ausgesprochen werden. Anschließend wandern die Stichworte weiter zum nächsten Teilnehmenden und werden nach und nach mit immer mehr Ideen zu den bereits notierten ergänzt. So kommen schnell sehr viele Ideen zusammen.
Speziell für die Namensfindung ist als erster Schritt die Suche nach passenden Worten wichtig, also möglichst viele passende Begriffe zu sammeln, die später als Bausteine zu Namen zusammengebaut werden können.
Daher heisst das Brainwriting bei uns "Wordwriting" und wir stellen hier die besonders effektive Variante des "Wordwriting ABC" vor. Man kann die Methode auch für alle anderen Ideenfindungen verwenden.
- Was braucht man? Ein Blatt für alle Teilnehmer:innen (mindestens DIN A4) und Stifte oder ein entsprechendes virtuelles Board, z.B. miro oder conceptboard. Die Methode eignet sich auch sehr gut, um alleine in die Ideensuche zu starten.
- Wie geht das? Notiere das Alphabet auf einem Blatt am linken Rand von oben nach unten. Gehe dann das ABC von oben nach unten durch und „zwinge“ Dich, zu jedem Buchstaben eine passende Assoziation zum Projekt/zum Thema zu finden.
Inspiriert und bringt Ordnung ins Buchstaben-Chaos: Wordwriting nach Alphabet
- Beispiel: Wir suchen zum Beispiel einen Namen für eine neue Tomatensuppe. Das ABC Wordwriting könnte dann so aussehen:
A – Aroma
B – Basilikum
C – ?
D – Dose
E – Essenz
F – Frisch
G – Genuss
H – Happy
I – Italien
… usw.
Fällt einem spontan zu einem Buchstaben gar nichts ein, so lassen wir ihn einfach aus. Die Methode eignet sich auch hervorragend dafür, als Ergänzung mal die KI, zum Beispiel ChatGPT, nach Begriffen mit bestimmtem Anfangsbuchstaben zu fragen.
Achtung! Nicht alle Begriffe scheinen auf den ersten Blick hilfreich. Aber darauf kommt es erst mal nicht an. Beim Worte- bzw. Ideensammeln dürfen auch die abwegigsten Ideen notiert werden – und können in weiterem Verlauf des Ideenprozesses zu einer genialen Namensidee führen.
Der Clou: Du wirst merken, dass durch den Zwang, einen Begriff mit genau diesem Buchstaben zu finden, mehr ungewöhnliche Worte generiert werden, als durch reines „freies“ Nachdenken.
Das Ergebnis: Die Methode ist unkompliziert in der Durchführung und kann alleine oder im Team angewendet werden. Sie bringt etwas Struktur ins Ideenchaos und bei aller Einfachheit interessante und überraschende Ergebnisse hervor. Die Suche nach Worten macht damit enorm Spaß!
#2: Wonderpictures
...oder: Wie kommt man von Eiswürfeln auf einen Namen für ein innovatives Trainingskonzept?
Die Methode "Wonderpictures" ist aus der Reizbildanalyse, auch Bisoziation genannt, entstanden und hat von uns gleich mal einen anderen Namen bekommen. Nicht nur weil dieser ansprechender klingt, sondern auch weil er noch besser beschreibt, was eigentlich bei dieser Methode passiert: Man „wundert” sich und ist erstaunt über die Ergebnisse.
- Wen braucht man? Geht alleine oder im Team. Beim Team sollte eine(r) als Moderator:in ernannt werden, die anderen sollten möglichst unvorbereitet sein.
- Was braucht man? Zettel und Stifte für jeden Teilnehmenden oder ein entsprechendes virtuelles Board mit gemeinsamem Zugriff. Mehrere zufällig ausgesuchte Bilder, die möglichst nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben: Landschaftsbilder, Menschen in anderen Situationen, Gebäude, Tiere oder einzelne Elemente aus der Natur. Man kann die Bilder im Internet suchen oder aus Zeitschriften oder Bildbänden entnehmen. Im Team sollte eine(r) die Bilder vorab aussuchen und den anderen spontan zeigen. Wenn man alleine ist, kann man das erste Bild nehmen, das man im Internet findet oder zufällig eine Seite in einem Magazin aufschlagen.
- Wie geht das? Sobald man das Bild sieht, schreibt man spontane Assoziationen/Gedanken/Gefühle zu diesem Bild auf. Konzentriert euch nur auf das was ihr auf dem Bild seht. Wenn alle Teilnehmenden idealerweise 5-10 Begriffe notiert haben, wird das nächste Bild gezeigt. Man kann mehrere Bilder nehmen. Mehr als 3 bis maximal 5 sollten es allerdings nicht sein, da sonst unübersichtlich viele Begriffe zusammen kommen.
Nehmen wir an wir suchen einen Namen für eine Datenmanagement-Software. Beim Bild eines Segelschiffs findet man z.B. die Worte Wind, Kapitän, Meer, Anker, Freiheit ...etc. Das ist der Punkt, an dem man sich vielleicht ein bisschen wundert – wohin soll das in Bezug auf unser (Namens)-thema führen?
Im zweiten Schritt prüft man, welche Worte eine Verbindung zum Thema herstellen könnten. Beim Wort „Wind“ kommt man vielleicht nicht weiter. Aber bei „Meer” denkt man an ein „Meer von Daten“ oder an eine Insel. Warum eine Datenbank-Lösung nicht als eine Insel sehen, die in einem unendlichen Meer von Daten den notwendigen Halt gibt? Das englische Wort island wird in der Wortsammlung notiert und lässt sich später vielleicht in einem Namen verwenden - und so fort.
Zufällig ausgewähltes Bild für die Methode Wonderpictures
- Beispiel: Namensfindung für ein neues EMS-Trainingskonzept (EMS = Elektromyostimulation, bei der die Muskeln mit elektrischen Strom stimuliert werden). Der Name für die Neugründung sollte sich ausreichend von bestehenden Angeboten unterscheiden und eine etwas breitere Zielgruppe ansprechen. Also nicht zu sehr auf "Muskeln" und "Action" abzielen sondern eher auf eine effektive Art, fit zu bleiben und dabei nicht zuviel Zeit zu investieren.
Bei der Namenssuche haben wir die Kreativmethode Wonderpictures angewandt, um von den naheliegenden Worten rund um Sport und Fitness weg und auf andere Begriffe zu kommen.
Im ersten Schritt wurden unter anderem zum Bild mit den Eiswürfeln folgende Assoziationen gefunden: "kalt, glatt, nass, kantig, erfrischend, frieren, etc.
Im zweiten Schritt, bei der Übertragung aufs Thema, kamen wir mit der Assoziation glatt auf "faltenfrei" und weiter auf den Gedanken "10 Jahre jünger" aussehen. Das führte uns zur Namensidee: "Minus 10", auch übertragbar auf 10 Kilo abnehmen, 10 mal weniger Zeiteinsatz beim Trainieren, etc. Im späteren Verlauf des Naming Prozesses wurde daraus der nun in München im ersten Studio etablierte Name tenless kreiert. Ob diese Idee wohl ohne den Einsatz der Wonderpictures auf der Liste gestanden hätte?
Achtung: Auf diese Methode muss man sich ein bisschen einlassen. Denn der zweite Schritt, passende Verbindungen zum Themazu finden, kann schwerfallen oder bei manchen Worten erstmal nicht gelingen. Gebt nicht auf und versucht es einfach mit den nächsten Begriffen.
Der Clou: Das Geheimnis sind wieder Gedankenketten. Diesmal mit einem kleinen Umweg über die Bilder. Man konzentriert sich auf etwas komplett anderes und wird automatisch vom Thema weggeleitet. Das entspannt und macht Laune.
Der Legende nach ist die bekannteste und teuerste Marke der Welt auch so entstanden: Steve Jobs war eines Tages auf einer Apfelfarm. Als es um die Namenssuche für seine Computerfirma ging, dachte er an die Äpfel und fand, dass Apple „fun, spirited and not intimidating” klingen würde. Ein gutes Beispiel für einen gedanklichen Umweg über ein Bild, das rein gar nichts mit dem Thema zu tun hat.
Das Ergebnis: Mehrere ungewöhnliche und „anders” anmutende Begriffe, die sich sonst wohl nicht ergeben hätten. Ansätze für Namen, die später mit anderen Worten zusammen oder auch für sich allein – siehe tenless – zu einer coolen Namensidee werden.
#3: Wordwriting 6-3-2
Die unter der "6-3-5 Methode" bekannte Kreativtechnik ist vielleicht die am meisten strukturierte mit recht strengen Vorgaben: 6 Teilnehmer:innen schreiben je 3 Ideen in 5 Minuten auf. So können innerhalb von 30 Minuten 108 oder mehr Ideen zustande kommen.
Für die Namenssuche haben wir die Methode variiert und nennen sie 6-3-2. Da wir nicht nach komplexen Lösungsansätzen für z.B. technische Probleme suchen, für die man durchaus 5 Minuten brauchen würde - sondern nach Worten - reichen 2 Minuten Denkzeit meist aus.
- Wen braucht man? Ein Team von idealerweise sechs Leuten. Es geht aber auch mit weniger. Empfehlen würden wir mindestens drei Teilnehmende, um gute Ergebnisse zu erzielen.
- Was braucht man? Sechs Zettel bzw. genauso viele Zettel wie Teilnehmende und Stifte oder ein entsprechend aufbereitetes virtuelles Board (siehe Abbildung). Eine Uhr/Smartphone zum Zeitabnehmen.
- Wie geht das? Auf die Zettel wird die Tabelle der 6-3-2 Methode gezeichnet (siehe Grafik) mit je einem Merkmal bzw. einem anderen besonderen Thema als Überschrift. Alle Teilnehmenden erhalten einen Zettel bzw. starten mit einem Merkmal. Die Uhr wird auf 2 Minuten gestellt – und los geht’s. Jede(r) schreibt auf einen Zettel in die erste Zeile drei Worte oder Ideen (Synonyme, Assoziationen oder Lösungsansätze bei komplexeren Themen) die ihr/ihm zum Thema auf dem Blatt einfallen. Man wird am Anfang relativ schnell sein und kann die Zeit auch abkürzen, wenn alle fertig sind. Wenn alle drei Ideen notiert haben, werden die Blätter weiter gereicht. Auf dem neuen Blatt schreibt wieder jede(r) – nun in die zweite Zeile – drei Ideen zum obenstehenden Begriff. Die Blätter werden wieder weitergereicht usw.
Tipp: Es können mehrere Durchläufe gemacht werden, so dass alle Teilnehmer:innen jedes Blatt mehrmals vor sich hatte – bis man das Gefühl hat, dass „nichts mehr geht.”
Vorlage für strukturierte Ideensammlung mit der 6-3-2 Methode
Achtung! Die Zeitvorgabe vor allem zum Schluss einhalten und nicht zu lange auf den Gedanken herumkauen. Lieber schnell noch eine vielleicht abwegige Idee notieren als zu lange nachdenken.
Der Clou: Der Zwang, immer weitere Ideen in einer bestimmten Zeit zu notieren, bringt mehr Ideen und Ungewöhnliches hervor. Auch inspiriert das in den anderen Zeilen bereits Geschriebene zu neuen Ansätzen. Die Methode funktioniert für alle Arten von Ideenfindung, auch für komplexe Lösungsansätze!
Ergebnis: Eine große Zahl an verschiedenen Worten und Begriffen, die auch zu ganz neuen Wortfeldern führen können, z.B. durch Notieren von "Vogel" zu verschiedenen Vogelarten und Unterarten. Die Variante gibt im Vergleich zu anderen Brainstorming- oder -writing-Methoden mehr Struktur vor, wodurch das Ergebnis „ordentlicher“ und übersichtlicher wird.
#4 Flip-Flop-Methode
Die Flip-Flop-, Umkehr- oder Kopfstand-Methode ist sehr effektvoll, da sie einen zum Negativ- oder Umgekehrt-Denken zwingt und so zu ganz neuen Ansätzen führt. Die Technik wird häufig im Marketing verwendet oder zum Lösen von komplexen Problemen. Für das Worte-Suchen eignet sie sich auch hervorragend, besonders wenn man nach einem ersten Wordstorming noch weitere Inspiration sucht.
- Wen braucht man? Alleine oder im Team machbar. Bei größeren Teams Arbeitsgruppen von maximal 5 Teilnehmenden bilden.
- Was braucht man? Zettel oder Post-Its und Stifte. Wenn vorhanden, eignet sich auch ein Flipchart oder eine Pinwand mit Moderationskarten oder virtuelle coworking-tools.
- Wie geht das? Das Grundprinzip klingt ganz einfach: eine Problemstellung oder ein Vorhaben, z.B. „Wie können wir unseren Umsatz steigern?“ wird zunächst in das genaue Gegenteil verkehrt – bzw. auf den Kopf gestellt.
Sprich, es werden zunächst Ideen gesucht für das Thema „Wie können wir unseren Umsatz verringern?“. Die gesammelten Ideen werden im zweiten Schritt erst wieder ins Positive umgekehrt. Hört sich vielleicht verrückt oder zu banal an, ist aber erstaunlich effektiv. Denn das menschliche Gehirn neigt dazu, eher Probleme zu sehen und sprudelt geradezu, wenn es negative Faktoren oder Unmöglichkeiten finden soll.
Für die Wortsuche haben wir die Methode etwas angepasst und notieren zunächst die wichtigsten Besonderheiten oder Merkmale unseres Produkts oder Unternehmens, für das wir einen Namen suchen.
FLIP: Im ersten Schritt finden wir dann möglichst viele Gegenteile zu diesen Eigenschaften, also was unser Produkt bzw. Unternehmen gerade NICHT sein soll.
Wenn ein Produkt besonders „flexibel” als zentrale Eigenschaft hat, finden wir dazu nun gegenteilige Begriffe wie
- unbeweglich
- schwer
- eingesperrt
- festgesteckt
- starr ...
FLOP: Im zweiten Schritt nehmen wir uns diese Negativliste vor und finden zu jedem dieser Begriffe wieder möglichst viele Gegenteile. Also zu „eingesperrt” – z.B. frei, lose, luftig oder zu „schwer“ – leicht, schlank, schwebend, schwerelos ... und so fort. Als Ergebnis erhalten wir überraschend viele weitere Synonyme für "Flexibel".
Rockbird: Die Flip-Flop-Methode führt zu überraschenden Worten - und Namen
- Beispiel: Renaming der SW.RENT GmbH. Durch den Zusammenschluss mit der Log Up TRent GmbH und die Neuausrichtung auf ein digitales Flottenmanagement wurde ein neuer Name für die Baumaschinenvermietung "SW.Rent" gesucht.
Namestorm erhielt den Auftrag, einen Firmen- und Markennamen zu entwickeln, der für etwas gänzlich Neues steht, aber auch auf jahrelanger Erfahrung aufbaut. Um auf andere Begriffe als die naheliegenden für eine Maschinenvermietung zu kommen haben wir die Flip-Flop-Methode angewandt. Durch die Umkehrung der Umkehrungen wurde u.a. "rock = Fels" für schweres Material, das transportiert wird, gefunden. "Bird = Vogel"" entstand über die doppelte Umkehrung für leichteres, weil nun digitales Handling.
Die Kombination der auf den ersten Blick gegensätzlichen Begriffe, ROCKBIRD steht nun mit "Rock" für die Zuverlässigkeit und Expertise – wie ein Fels in der Brandung – und mit "Bird" für die Leichtigkeit, mit der das Flottenmanagement nun digital organisiert wird. Der außergewöhnliche Name sorgt für eine Marke mit Alleinstellung in der Branche.
Achtung! Es hilft nicht viel, zu unbeweglich nur „beweglich” zu notieren oder zu "leicht" lediglich "schwer". Lass Deinen Geist schweifen und denke an alle möglichen gegenteiligen Wörter. Konzentriere Dich nur noch auf dieses eine Wort und finde immer mehr umgekehrte, gerne auch abwegige Begriffe.
Der Clou: Durch die Umkehrung kommt man auf noch mehr Synonyme zu den genannten Produkteigenschaften, da das Gehirn durch das Flip und Flop in andere und extremere Richtungen denkt. „Schwerelos“ wäre wohl nicht unbedingt eine direkte Assoziation zu „flexibel“ und steht nun aber als neuer Begriff in der Wortsammlung.
Das Ergebnis: Die so gefundenen Gegenteile vom Gegenteil werden zu weiteren Worten und ggf. neuen Wortfeldern mit neuen Möglichkeiten für die Namensentwicklung. Auch für sämtliche andere Ideen-Prozesse findet man mit dieser Methode neue, ungewöhnliche Ansätze.
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