Die Superkraft der Vielen

Haben Sie schon mal von „Crowd-Naming“ gehört?

Hierbei wird eine große Anzahl von Menschen – die Crowd – bei der Namensgebung für Produkte, Unternehmen, Marken, Projekte oder andere Initiativen eingebunden. Diese Form des Crowd-Sourcing nutzt die Schwarmintelligenz und kommt so oft zu komplexen und überraschenden Ergebnissen.

Neben dem wohl naheliegendsten Vorteil, nämlich der Erhöhung der Anzahl kreativer Köpfe und somit vielfältigeren Ideen, ist es auch die Kundeneinbindung, die Crowd-Naming interessant machen kann. Eine frühe Einbeziehung der Öffentlichkeit kann das Interesse und die Bindung der Menschen an Unternehmen, Produkte oder Projekte erhöhen, weil sie sich als Teil des Prozesses verstehen.

Ein witziges Beispiel, das aber auch sehr gut die Herausforderungen der gemeinschaftlichen Namensentwicklung zur Geltung bringt ist die Benennung des autonomen U-Boots der britischen Regierung: Das Ergebnis des Crowd-Namings war der Name „Boaty McBoatface“.

Foto von The Cleveland Museum of Art auf Unsplash  

Ursprünglich sollte mit dem 2016 gestarteten #NameOurShip ein neues, 200 Millionen £ teures Polar-Forschungsschiffe benannt werden. Das britische Forschungsinstitut NERC war mit dem humoristischen Ergebnis allerdings unzufrieden und nachdem sich die damaligen Minister für Kultur und Wissenschaft und sogar ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingeschaltet hatten wurde festgelegt: Der Eisbrecher darf einen ernsthafteren Namen bekommen und etwas anderes soll nach dem Volkswillen benannt werden. So bekam das kleine, gelbe U-Boot, das als Messinstrument ein Teil des Forschungsschiffs ist, den Crowd-Namen BoatyMcBoatface.

Das Forschungsschiff bekam dann übrigens den etwas ungriffigen Namen „RRS Sir David Attenborough“ nach dem britischen Naturforscher und -Filmer.

Auch die NASA nutzt Namens-Crowdsourcing für einige Projekte mit dem Ziel die Öffentlichkeit einzubinden und die Themen Wissenschaft und Raumfahrt als Bildungsförderung in die Schulen zu bringen. So wurde 2020 mit dem „Name the Rover“ Essay-Contest der Name „Persevarance“ (Beharrlichkeit) für den aktuellen Marsrover festgelegt. Der Namenssieger stammte von einem Siebtklässler aus Virginia. Insgesamt bekam die NASA 28.000 Zuschriften als Vorschläge.

Zu viele Ideen = Chaos!?

Dieses Beispiel zeigt gleich zwei Herausforderungen eines Crowd-Naming Prozesses oder Namenswettbewerbs auf: zum einen kann es sein, dass Namen dabei herauskommen, die zwar eine starke Bedeutung haben, wie „Persevarance“, die als Marke schwer oder sogar unmöglich zu schützen sind und eventuell auch klanglich problematisch sind. Zum anderen erfordert die bei großer Beteiligung entstehende enorme Menge an Vorschlägen, die gesichtet, sortiert und bewertet werden muss einen hohen Arbeitsaufwand.

Namestorm hat auch schon des öfteren Anfragen von Kundinnen und Kunden bekommen, die eine riesige Liste an Namensvorschlägen aus ähnlichen Quellen, z.B. Umfragen der Belegschaft, vor sich hatten und dann vor der Frage standen: Und was machen wir jetzt damit?

Mit unserer Expertise können wir hier zum Glück bei der Selektion und Prüfung unterstützen. Dabei sind vor allem zwei Schritte wichtig: "Vorauswahl" und "nach Kriterien entscheiden".

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

1) Vorauswahl - Sortieren nach Typen

Wie wir gehört haben, wird der größte Vorteil des Crowd Namings spätestens bei der Sichtung der Ideen schnell zur schier unlösbaren Aufgabe: Wie umgehen mit 100en oder gar 1000en eingegangener Ideen? Hier hilft eine Vorauswahl und Sortierung, zum Beispiel nach Namenstypen: "Englische Namen", "Kunstworte", "Wortspiele" oder "beschreibende Namen". Das hilft schon einmal, die Flut an Ideen etwas strukturierter zu überblicken. An dieser Stelle sollte (noch) nicht nach Gefallen oder Geschmack aussortiert werden, damit alle Ideen die gleichen Chancen erhalten.

2) Nach Kriterien entscheiden 

Auch bei der weiteren Auswahl ist es wichtig, nicht nach persönlichem Gefallen oder Geschmack zu gehen. Diese sind subjektiv und es kann zu großen Diskrepanzen und Diskussionen innerhalb des Entscheiderkreises führen. Gerade in einem öffentlichen Prozess ist es wichtig, auch die Entscheidung transparent zu machen. Hier hilft es, sich vorab zu überlegen, welche Kriterien die wichtigsten für die Namensfindung sind: Was will man mit dem Namen erreichen? Welche Themen oder Aspekte soll er transportieren? Hat man diese Fragen beantwortet, fällt es viel leichter, anhand solcher Kriterien die Namen zu bewerten. Ein wichtiges Kriterium ist natürlich, ob der Name überhaupt rechtlich verwendbar ist. Das sollte spätestens bei einer Shortlist von zum Beispiel den letzten zehn Namen geprüft werden. 

Mit einer guten Vorausplanung kann ein Crowd-Naming Prozess also gut gelingen. So nutzt z.B. MountainDew, eine Marke von PepsiCo Crowd-Naming unter dem schönen Titel „DEWmocracy“ und ruft Kundinnen und Kunden dazu auf neue Geschmacksrichtungen, Etikettendesigns und Namen vorzuschlagen. Ein so entstandenes erfolgreiches Produkt auf dem Markt ist das Getränk „Voltage“ (Spannung). Ein kraftvoller Name für ein Getränk, das mit Energie und Abenteuer assoziiert werden soll. Aber wichtig: das Wort "Voltage" ließ sich nicht alleine für sich in wichtigen Märkten wie den USA als Wortmarke schützen.

Die Belegschaft als "Crowd" nutzen

Es muss auch nicht immer die ganze Öffentlichkeit gefragt werden. Viele Unternehmen und Institutionen nutzen das Crowd-Naming, um ihre gesamte Belegschaft zur Ideenfindung aufzurufen. Auch hier gilt es, den Prozess gut abzustimmen und transparent zu halten. Denn wer gefragt wird und mitmacht möchte auch den späteren Werdegang der Ideen verfolgen und die finale Entscheidung nachvollziehen können.

So haben wir in einem beispielhaften Kreations- und Abstimmungsprozess zwei neue Schulzeige des Stiftsgymnasium Wilhering bei Linz benannt. Besonders wichtig war hier, den komplexen Entscheidungsprozess transparent zu halten und alle Beteiligten, Lehrer-Kollegium und Direktion, von Anfang bis Ende in den richtigen Stellen und in der besten Art und Weise mit einzubeziehen. 

Mithilfe unterschiedlicher Tools für Ideensammlung und Ranking von Namensideen konnte die Vielzahl an Namensvorschlägen der "Crowd", an wichtigen Keywords und inhaltlichen Anforderungen bewältigt und die Identifizierung der Beteiligten mit den Namen erleichtert werden.

Die von uns entwickelten Namen VIA und VOX wurden zum Sieger-Namenspaar gekürt, da sie die "Verbindung von Innovation und Tradition" sowie die inhaltlichen Schwerpunkte der beiden Schulzweige am besten transportierten. Die kurzen lateinischen Begriffe passen zudem optisch und klanglich perfekt zueinander.

Schüler:innen präsentieren die Schulzweige VIA und VOX.

Crowd-Naming mit professioneller Unterstützung: VIA und VOX

 

Crowd-Naming ist aus unserer Sicht eine schöne Methode um ausgefallene und vielfältige Namensinspirationen zu bekommen. Es bedarf allerdings einer professionellen Prozessplanung- und gestaltung sowie einer gründlichen Nacharbeitung. Lässt man diese außer Acht, kann der Schuss auch schnell nach hinten losgehen und der öffentliche Namensfindungs-Aufruf im Chaos enden. Bei sorgfältiger Planung kann es sich für eine bessere Kundenbindung, Marktforschung, Marketing- und PR-Erfolge und einer eventuellen Kostenersparnis aber lohnen, die Möglichkeit des Crowd-Namings bzw. eines Namens-Wettbewerbs in Betracht zu ziehen.

Wäre diese Methode etwas für Sie und Ihr Projekt? Sprechen Sie uns gerne an!

Quellenangaben:

Boaty McBoatface: Wieso das Schiff anders heißt und wie es sich fährt - [GEO]

Virginia Middle School Student Earns Honor of Naming NASA's Next Mars Rover - NASA

Mountain Dew Voltage Wins DEWmocracy Election to Become New Brand Line Extension - BevNET.com

 


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